Vortrag: Anstand und Eleganz auf der Bühne der Welt


Louis Bonin: Die Neueste Art zur Galanten und Theatralischen Tantz- Kunst. Frankfurt & Leipzig, bey Johann Lochner, 1712.
Foto: HAB
Louis Bonin: Die Neueste Art zur Galanten und Theatralischen Tantz- Kunst. Frankfurt & Leipzig, bey Johann Lochner, 1712. Foto: HAB | Foto: HAB



Wolfenbüttel. Marie-Thérèse Mourey (Paris) hält am Donnerstag, 28. Juli 2016, um 19 Uhr in Schünemanns Mühle einen Vortrag mit dem Titel „Anstand und Eleganz auf der Bühne der Welt: Gebaren und Tanz im 17. Jahrhundert“. Tänzer und Musiker begleiten die Veranstaltung, die im Rahmen des diesjährigen Barockkongresses der Herzog August Bibliothek stattfindet.

Während des langen 17. Jahrhunderts und bis hin zu den 1720er Jahren entfaltete sich überall in Europa eine verfeinerte gesellschaftliche Kultur. Neue, vornehme Umgangsformen wurden gepflegt, zumal zwischen den Geschlechtern, und standesmäßige Verhaltenscodes fixiert. Innerhalb dieses theatralisierten Kommunikationssystems erhielt die Körperlichkeit einen ausgeprägten Stellenwert, vor allem im Ritual des Balls. Dem Tanz wurde dabei eine ästhetisch-ethische Dimension zugesprochen, ging es doch darum, bei dem Gegenüber Gefallen und Wohlwollen zu erwecken. So erklärt sich die Entstehung zahlreicher und vielfältiger Schriften mit meist normgebendem Charakter, in denen es den Autoren sowohl um die Disziplinierung und Moralisierung der Körper als auch um ihre Nobilitierung und Ästhetisierung ging. Die Einhaltung der ethischen Normen des Anstands ging mit dem Streben nach einer Eleganz des Gebarens und nach der ‘Zivilisierung’ der Sitten einher. Der Wunsch, sich von dem gemeinen ‘Pöbel’ abzusetzen, führte im gehobenen Bürgertum zur bewussten Wiederaufnahme und zur zweckmäßigen Aneignung von aristokratischen Manieren. An der Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert bildete die ‘Galanterie’ französischer Herkunft und Prägung den Gipfelpunkt dieser Entwicklung, ohne sich allerdings in Deutschland dauerhaft etablieren zu können. Der von Irène Ginger (Barocktänzerin) und Hubert Hazebroucq (Tänzer) sowie Emmanuel Resche (Violine) und Etienne Galletier (Theorbe und Laute) illustrierte Vortrag soll einen historischen Streifzug über die wichtigsten Grundsätze des anständig-eleganten Gebarens bieten und dabei Auszüge aus den beliebtesten Tänzen der Zeit zeigen.

Marie-Thérèse Mourey ist Professorin für neuere deutsche Literaturwissenschaft an der Université Paris Sorbonne (Paris 4) – UFR d’études germaniques et nordiques. Ihre Forschungsgebiete sind unter anderem historische Anthropologie, Tanz- und Ballettkultur im europäischen Kontext sowie Repräsentationstheorien. Alle drei Jahre veranstaltet der Wolfenbütteler Arbeitskreis für Barockforschung einen interdisziplinären internationalen Kongress. Der Arbeitskreis, 1972 gegründet, vereint Wissenschaftler, Sammler und Bibliothekare, die an Themen der Frühneuzeitforschung interessiert sind. Er gibt Publikationen heraus und fördert den Gedankenaustausch auf dem Gebiet der Barockforschung. 2016 findet das 15. Jahrestreffen des Wolfenbütteler Arbeitskreises für Barockforschung unter der Leitung von Marie-Therèse Mourey (Paris Sorbonne) und Mark Hengerer (München) zum Thema „Der Körper in der Frühen Neuzeit: Praktiken – Rituale – Performanz“ statt.


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