Seltenes Buch in der Herzog August Bibliothek zu sehen


Matthias Roick, Katja Triplett und Peter Burschel präsentieren eine japanische Übersetzung des „Contemptus Mundi“ Fotos: Herzog August Bibliothek
Matthias Roick, Katja Triplett und Peter Burschel präsentieren eine japanische Übersetzung des „Contemptus Mundi“ Fotos: Herzog August Bibliothek | Foto: HAB

Wolfenbüttel. Vor einem Jahr wurde ein christlicher Druck aus Japan, auch Kirishitan-ban genannt, den Herzog August 1662 erworben hatte, detailliert in dem Online-Katalog der Bibliothek beschrieben. Davon Ausgehend machen jetzt die Forscher Matthias Roick und Katja Triplett auf die besondere Bedeutung des Buches und den großen Seltenheitswert aufmerksam.


Es handelt sich um den ersten Fund eines Kirishitan-ban seit mehr als dreißig Jahren. „De Imitatio Christi“ oder „Nachfolge Christi“ von Thomas von Kempen (1380-1471, auch bekannt als „Contemptus Mundi“ oder „Verachtung der Welt“ ist ein weit verbreiteter Text der europäischen Frühen Neuzeit. Die japanische Ausgabe stellt jedoch eine Ausnahme dar, weil der äußerst seltene Druck weltweit nur in zwei weiteren Bibliotheken nachgewiesen ist. Eines in der Bodleian Library in Oxford und eines in der Biblioteca Ambrosiana in Mailand. Das Wolfenbütteler Exemplar ist von diesen drei am besten erhalten.

Die Herzog August Bibliothek stellt den seltenen Druck vom 14. Juni bis 9. Juli im Globensaal der Bibliotheca Augusta aus. Öffnungszeiten der Musealen Räume: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 16 Uhr.

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„Contemptus mundi jenbu“, Titelblatt einer Ausgabe des „De imitatio Christi“ von Thomas von Kempen , 1379-1471, gedruckt in einer jesuitischen Mission in Japan. Foto: HAB


Wesentliche Quelle globaler Kulturgeschichte


Die Bedeutung des Fundes als eine wesentliche Quelle für die Erforschung globaler Kulturgeschichte erkannte Matthias Roick, Freigeist Fellow für die Geschichte der Ethik am Lehrstuhl für Kirchengeschichte und am Lichtenberg Kolleg der Georg-August-Universität Göttingen in Zusammenarbeit mit der Herzog August Bibliothek, erst im Austausch mit Katja Triplett, Expertin für japanische Religionen am Center for Modern East Asian Studies in Göttingen.

Die „Nachfolge Christi“ zählt zu den bekanntesten Büchern der christlichen Hingabe zwischen dem späten Mittelalter und der frühen Neuzeit, mit einer erstaunlichen Anzahl von Manuskriptkopien und Buchausgaben. Die Jesuitenübersetzung ins Japanische gehört zu den seltensten Büchern der Welt, die auch dann schwer zu finden sind, wenn sie katalogisiert sind. Insgesamt existieren von den Drucken der Jesuiten in Japan nur 41 Exemplare. Das Exemplar in Wolfenbüttel wäre demnach Nummer 42. Die Jesuiten, die Mitte des 16. Jahrhunderts nach Japan gekommen waren, betrieben von 1591 bis etwa 1614 eine Druckerei, deren Erzeugnisse jedoch während der jahrhundertelangen Verfolgung der christlichen Missionare verloren gingen. Einige gelangten nach Europa, wie das Exemplar Herzog Augusts, das die Signatur 57.13 Eth. trägt. In der Fachgruppe Ethica sind zirka 2.650 Titel des 15. bis 17. Jahrhunderts verzeichnet, vorwiegend in Latein, Deutsch, Französisch, Italienisch, vereinzelt auch in Englisch, Spanisch und Niederländisch. Für Roick bestätigt der Fund der japanischen „Nachfolge Christi“ die Reichhaltigkeit der Wolfenbütteler Bestände und unterstreicht einmal mehr die Notwendigkeit von fächer- und institutionenübergreifender Zusammenarbeit. Insbesondere die Ethica-Sektion, die er seit 2014 untersucht, sieht er als einen privilegierten Zugang zu einer europäischen – und in diesem Fall auch außereuropäischen – Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit.

Die Herkunft des Buches wird durch einen dem Buch lose beiliegenden Brief vom 3. Juli 1662 an Herzog August d. J. unterstrichen: „Serenissime Dux, Princeps Clementissime, Gegenwertiges buch ist zwar der Sprache nach Japonisch, aber doch mit Lateinischen characters oder literis formiert ...“.


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