Manfred Casper erzählt aus seiner Jugend in der DDR


Manfred Casper erzählt aus seiner Jugend in der DDR. Foto: Raedlein
Manfred Casper erzählt aus seiner Jugend in der DDR. Foto: Raedlein

Wolfenbüttel. Eigentlich wollte sich Manfred Casper mit diesem Kapitel seines Lebens gar nicht mehr so intensiv beschäftigen. Jetzt schreibt er sogar ein Buch darüber. Am Donnerstag gab Casper im Rahmen der „Wolfenbütteler Rathausgespräche“ einen ersten Eindruck


In seinem Buch erzählt Casper was die Leser erwarten können, wenn er von seinen Jugendjahren in der DDR, seinem Fluchtversuch, seiner Zeit im Gefängnis und seiner 700 Seiten starken Stasi-Akte erzählt.

Aufgewachsen in Stollberg im Erzgebirge prägten den 1951 Geborenen schon früh diverse Schlüsselerlebnisse. Wenn gefeiert wurde, sei die Stimmung immer ausgelassen gewesen. Nur ein Satz sei immer gefallen: „Draußen ja nichts erzählen.“ Schon als Kind sei ihm da klar geworden, dass er vorsichtig sein musste, was er außerhalb der eigenen vier Wände sagt. „Meinungs- und Medienvielfalt war nicht erwünscht“, erzählt er. In dem Staat, der sich selbst als Diktatur bezeichnet habe und so auch geleitet worden sei, habe es nur eine Meinung gegeben. Er aber wollte frei sein.

Denn was Freiheit bedeutet, habe er im Westen kennengelernt. Mit seiner Mutter durfte er mehrfach seine Oma in Braunschweig besuchen. Bis dann 1961 die Mauer gebaut wurde und die Grenzen nicht mehr so einfach passiert werden konnten.

Dass ihm in der DDR sein Berufswunsch verwehrt wurde, war für ihn ein weiteres Schlüsselerlebnis. Eigentlich wollte er zur Seereederei, doch mit Verwandtschaft im Westen war dies nicht möglich. Eine Ausbildung zum Baumaschinisten war somit nicht seine Wahl. Als dann der Prager Frühling 1968 in der CSSR jegliche Freiheitsgedanken im Keim erstickte, war dies für ihn das letzte Schlüsselerlebnis, das er brauchte, um seine schon länger gehegten Fluchtgedanken in die Tat umzusetzen. Er beendete seine Lehre und 1969 sollte es im Urlaub in Bulgarien über Jugoslawien und Österreich in die Bundesrepublik gehen.

Fünf Tage war er zu Fuß in Richtung Grenze unterwegs. Fünf Tage ging alles gut. „Und an der Grenze angekommen machte ich den entscheidenden Fehler“, erinnert sich Casper. Er wartete vor seinem Fluchtversuch auf die Dämmerung - und damit auf seine Verhaftung. Denn ein Bauer hatte ihn bemerkt und die Grenztruppen alarmiert. Die kamen, während Casper wartete. Als er dann losrannte, wurde über seinen Kopf hinweg geschossen - ein Geräusch, das er heute noch in seinen Träumen hört. Der Wachhund des Grenztrupps schnappte ihn schließlich - die Narbe am Arm ist heute noch zu sehen.

Manfred Casper landete schließlich für ein Jahr und fünf Monate im Gefängnis. Einen Anwalt durfte er sich nicht nehmen. „Vertrauen Sie uns Staatsorganen“, sagte die Staatsanwältin zu ihm. Für sie war er ein in die Irre geführter DDR-Bürger, der seinen Staat verraten hatte. Kein Wunder also, dass versuchte wurde, ihn während seiner Zeit in der Strafvollzugsanstalt Cottbus ideologisch zu erziehen. Trotz aller Einschüchterungen und Disziplinarmaßnahmen im Gefängnis sei es jedoch beim Versuch geblieben. Drei Ausreiseanträge stellte er in der Haftzeit. Nach dem dritten Antrag wurde er nach Karl-Marx-Stadt überstellt - und von dort erfolgte die Auslieferung in die BRD.

In Braunschweig angekommen begann schließlich ein neues Leben - doch auch hier wurde er noch bis zum 17. Februar 1989 von der Stasi bespitzelt, denn er Stand im Verdacht, Mitglied einer Schleuserorganisation zu sein. Damit hatte er jedoch nie etwas am Hut gehabt: „Ich war nur ein 18-jähriger Schnösel, der frei sein wollte.“


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