Mängel am Brandschutz: Mieter müssen aus ihren Wohnungen

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Die Mieter des Hochhauses in der Theodor-Heuss-Straße müssen zum Jahresende ausziehen. Fotos: Anke Donner
Die Mieter des Hochhauses in der Theodor-Heuss-Straße müssen zum Jahresende ausziehen. Fotos: Anke Donner

Braunschweig. Mieter des Mehrfamilienhauses an der Theodor-Heuss-Straße dürften in den vergangenen Tagen aus allen Wolken gefallen sein. Ihnen flatterte die fristlose Kündigung ins Haus. Der Grund: Das Haus sei brandschutztechnisch nicht mehr sicher. Alle Mieter müssen bis zum Jahresende raus aus ihren Wohnungen.


Die Stadt Braunschweig hatte die Räumung veranlasst, nachdem am 17. Oktober nach einer Begehung Mängel am Brandschutz festgestellt wurden. Zehn Wohnungen mussten innerhalb von einer Woche geräumt werden. Der Rest der 70 Mieter muss zum Jahresende ausziehen. Am heutigen Montag soll eine erneute Begutachtung durch die Stadt stattfinden. Hier soll dann geprüft werden, ob die ersten Räumungen durchgesetzt worden sind. Wenn nicht, sollen die Wohnungen amtlich versiegelt werden, erklärt Hausverwalter Gerhard Liedtke gegenüber regionalHeute.de.

Was bemängelt wurde, verrät der Verwalter nicht so ganz genau. Der Mängel-Bericht der Stadt umfasse zehn Seiten, so Liedtke. Verstehen könne er nicht, dass nun mit einem Mal so viele Mängel aufgetreten sein sollen. "Vor zwei Jahren hatten wir hier einen Brand. Die Feuerwehr hat damals gesagt, hier sei alles top", so Liedtke. Seit 23 Jahren ist er als Hausverwalter tätig. Dass die Räume eigentlich nur für gewerbliche Zwecke genutzt werden dürfen, sei ihm nicht bekannt. "Dieses Gebäude wird seit 1974 ohne Beanstandungen betrieben", versichert Liedtke.

"Gefahr für Leib und Leben"


Doch nun scheint es an dem Gebäude so starke Mängel zu geben, dass gleich das Haus geräumt werden muss. Der Vermieter teilte in seinem Kündigungsschreiben mit: "Die Mängelbeseitigung ist kurzzeitig und objektspezifisch nicht umzusetzen. Für die Bewohner besteht Gefährdung für Leib und Leben. In Abwägung der Interessen ist die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht gegeben, gesetzlich begründet und ausgeschlossen".

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Mit diesem Schreiben hat der Vermieter gekündigt. Foto:


Kündigung kam überraschend


Bei den Mietern sorgte das Schreiben für Aufruhr. Nicht allein die Tatsache, dass die Räumung so kurzfristig kommt, sorgt für Verärgerung. Vielmehr sei es dem Vermieter anzulasten, dass dieser nicht ausreichend auf sein Objekt geachtet und für den entsprechenden Brandschutz gesorgt hat, sagen einige Vermieter gegenüber regionalHeute.de.

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Ralf Bergmann ist schon auf der Suche nach einer anderen Wohnung. Foto: Anke Donner



"Ich habe am Freitag von der Kündigung erfahren. So kurz vor dem Jahreswechsel ist das schon ein Ding. Ich habe als Selbstständiger schon genug um die Ohren. Und nun auch noch das. Ich bin schon auf Wohnungssuche. Für mich ist das kein Problem. Die Frage ist nur, was mit den älteren Menschen passiert, die hier wohnen. Für die wird es nicht leicht. Ich sehe hier die Schuld zu gleichen Teilen beim Eigentümer und bei der Stadt. Der Vermieter ist dafür verantwortlich, dass das Haus in einem guten und ordnungsgemäßen Zustand ist. Er ist in der Pflicht, diese Brandschutzbestimmungen einzuhalten. Er sollte wissen, welche Auflagen da herrschen. Ich wohne seit acht Monaten hier und habe in der Zeit nicht gesehen, dass etwas saniert wurde. Aber auch die Stadt kann hier nicht so auf die Schnelle einfach eine Räumung veranlassen. Da sollen die sich mal andere Häuser in der Stadt angucken. Ich hoffe nur, dass ich meine Kaution so schnell wie möglich wieder bekomme. Ich habe keine Lust, bei einer neuen Wohnung die Kaution auch noch zu bezahlen. Sollte das nicht klappen mit der Kaution, werde ich mir einen Anwalt nehmen und die anderen Mieter mit ins Boot holen", erklärt Ralf Bergmann. Angekündigt hat der Vermieter in einem Schreiben bereits, dass die Kaution zurückerstattet wird.

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Hannelore Fricke braucht ein großes Büro. Foto: Anke Donner



Auch für Hannelore Fricke, die seit drei Jahren den Pflegedienst In Vita in dem Gebäude betreibt, kam die Kündigung mehr als überraschend. In der Kürze der Zeit sei es für sie nicht leicht, geeignete Räume zu finden. "Ich brauche eben den Platz, möchte in der Nähe meiner Kunden sein und brauche entsprechend Parkplätze. Ich werde sicher nicht auf die Schnelle einen vergleichbaren Ersatz finden. Außerdem ist solch ein Umzug ja mit hohen Kosten verbunden. Das Geld muss erstmal da sein", erklärt Inhaberin Hannelore Fricke im Gespräch mit regionalHeute.de. Möglicherweise gibt es für sie aber noch eine Möglichkeit zu bleiben. Da sie die Räume in der zehnten Etage gewerblich nutzt, habe sie Bestandsschutz, sagt Hannelore Fricke, die zehn Mitarbeiter beschäftigt. Dazu müssten einige Umbaumaßnahmen an der Tür erfolgen. Das will sie aber erst noch durch einen Anwalt klären lassen. "Ich schaue mich dennoch schon um. Aber es ist nicht leicht. Ich möchte schon gerne hier in der Gegend bleiben. Ich brauche zudem schon einen gewissen Sicherheitsstandard. Ich muss die Räume abschließen können. Wir lagern hier schließlich Medikamente und wichtige Dokumente", so Hannelore Fricke. Auch sie hat ihre Kündigung am Freitag bekommen. "Ich finde, dass das ganz klar Vermietersache ist. Ich sehe die Stadt da nicht in der Schuld. Die Stadt setzt auch nur die Auflagen durch, die der Vermieter nun umsetzen muss. Ich glaube, dass der Eigentümer die Sache jetzt über die Mieter aussitzt", so Hannelore Fricke.

Müllschlucker außer Betrieb


Das Leid und auch der Ärger bei den Vermietern sei schon sehr groß. "Die Leute kommen hier natürlich her und fragen, wo sie denn nun hin sollen. Aber das interessiert die Stadt nicht. Ich kann ja verstehen, dass man da jetzt wachsam ist. Besonders nach diesem Brand des Hochhauses in London. Aber der Eigentümer muss nun die Auflagen der Stadt umsetzen", so Liedtke. "Einige wissen noch gar nichts von den Kündigungen oder haben viel später davon erfahren, weil sie im Urlaub waren oder auf Montage. Wir haben sogar hier einen ungarischen Arzt aus der Klinik Salzdahlumer Straße, der erst vor einem Monat eingezogen ist. Nun ist er ausgezogen und wieder nach Ungarn gegangen", so Liedtke.

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Der Müllschlucker wurde außer Betrieb gesetzt. Foto:



Die Stadt Braunschweig hat für die Mieter, die nun kurzfristig ihre Wohnungen verlassen müssen, eine Notunterkunft in der Schaumburg Straße zur Verfügung gestellt, erklärt Liedtke. Die erste Einschränkung musste gleich in der vergangenen Woche durchgesetzt werden. "Wir haben die Müllabwurfanlage außer Betreib genommen", so Liedtke.

Stadt will sich zum späteren Zeitpunkt äußern


Eine Stellungnahme über den Umfang der Mängel sowie zur kurzfristigen Räumung der Stadt liegt derzeit noch nicht vor. Stadt-Sprecher Adrian Foitzik teilte jedoch mit, dass die Stadtverwaltung sich noch am Nachmittag äußern wolle.

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