Kultursommer verwandelt das Schloss in eine Pappkulisse

von Jan Borner


Cornelia Drese leicht durchgedreht als Norma Desmond. Fotos: Jan Borner
Cornelia Drese leicht durchgedreht als Norma Desmond. Fotos: Jan Borner | Foto: Jan Borner



Wolfenbüttel. Das Ensemble des Nordharzer Städtebundtheaters holte am gestrigen Donnerstagabend Hollywood nach Wolfenbüttel. Was sich mit "Sunset Boulevard" auf der Bühne des Kultursommers abspielte, war allerdings nicht der berühmte filmische Glanz und Glamour, sondern die düsteren und dreckigen Abgründe, wie man sie sieht, wenn man hinter die Pappkulissen schaut. 

Im Jahr 1950 hat Billy Wilder einmal die Filmkameras umgedreht und Hollywood selbst vor die Linse gesetzt. Die Traumfabrik fing an, von sich selbst zu träumen und wie es bei Meta-Spielen wie diesen leicht passiert, wurde ein sarkastisch und absurder Alptraum daraus. Kein Horror, das wäre zu weit gegriffen, aber doch ein Hauch von Wahnsinn, der zwischen den Kulissen der Filmwelt weht. "Sunset Boulevard" erzählt die Geschichte eines jungen Drehbuchautors, der sich in die hübsche Paramount-Angestellte Betty Schaefer verliebt, gleichzeitig aber auch unter die finanziellen Fittiche der Stummfilmdiva Norma Desmond gerät. Gefangen zwischen zwei Geschichten, zwischen "Sugar Mama" und echten Gefühlen, verliert sich der junge Autor in den Wirren der Traumfabrik.

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Michael Rapke spielt den jungen Drehbuchautor Joe Gillis. Foto: Jan Borner



Inspiriert von Billy Wilders Film entschied sich Andrew Lloyd-Webber ein Musical aus der Story zu zaubern. Besonders für den Charakter der Stummfilmdiva war das eine gut durchdachte Entscheidung. Zu ihrer übertriebenen Stummfilmmimik, die Norma Desmond mit in ihr Privatleben genommen hat, kann ein normales Sprechen nämlich gar nicht mehr passen. Pathetischer Musicalgesang ist deshalb die für sie authentischste Art und Weise der Kommunikation. Kein Wunder also, dass auch in der Aufführung des Nordharzer Städtebundtheaters vor allem eine Rolle auffiel: Norma Desmond, gespielt von Cornelia Drese.

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Norma Desmond in ihrem Element: Dem Publikum. Foto: Jan Borner



Es war keine leichte Herausforderung die historische Umgebung des Schlosses in  eine zerbrechliche Pappkulisse zu verwandeln, wie sie für Hollywood üblich ist und all die realen Geschehnisse auf der Bühne in einen "Traum aus Licht", in dem eine kleine Verschiebung der Schatten schon dafür sorgen kann, dass es sich um einen Alptraum handelt. Mit fortschreitendem Abend ist das allerdings immer mehr gelungen und das Dämmerlicht unter dem freien Himmel hat sicherlich seinen Teil dazu beigetragen.

Inszeniert wurde die gestrige Aufführung von Holger Potocki. Die musikalische Leitung hatte Florian Kießling.


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