Flüchtlinge: Pink schließt Aufnahmestelle in der Stadt aus

von Marc Angerstein


Bürgermeister Thomas Pink. Archivfoto: RegionalHeute.de/ Thorsten Raedlein
Bürgermeister Thomas Pink. Archivfoto: RegionalHeute.de/ Thorsten Raedlein | Foto: Thorsten Raedlein



Wolfenbüttel. Bürgermeister Thomas Pink positioniert sich aktuell in Sachen Flüchtlingsproblematik und fordert mehr Personal im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Er kritisiert den Bund und das Land: "Die Zeit für konkrete Maßnahmen ist längst überfällig".  Die Unterbringung von Flüchtlingen in der Stadt werde immer schwieriger, eine Erstaufnahmeeinrichtung oder eine Außenstelle in Wolfenbüttel schließt der Hauptverwaltungsbeamte gänzlich aus.

Die massiv gestiegene Zahl an Asylbewerbern überfordert die Erstaufnahmeeinrichtungen in Niedersachsen immer mehr, heißt es in einer Mitteilung der Stadt Wolfenbüttel. "Dem ersten „Hilferuf“ – der Verteilung von 3000 Flüchtlingen als Sonderkontingent auf die Landkreise und kreisfreien Städte – folge nun ein weiterer: In einem Schreiben an die Kreise und kreisfreien Städte bittet das Niedersächsische Innenministerium zu prüfen, ob es vor Ort noch passende Liegenschaften oder Freiflächen gebe, die für eine Unterbringung von Flüchtlingen (Außenstelle der Erstaufnahmeeinrichtung) – auch in Zelten – geeignet seien", teilt die Stadtverwaltung mit. Thomas Pink sieht diese Anfrage mehr als kritisch. „Die Unterbringung wird für uns von Woche zu Woche schwieriger. Wir sind schon am Rand unserer Aufnahmefähigkeit“, betont er. Die Stadt habe so lange wie möglich versucht, die Flüchtlinge dezentral unterzubringen und früh erkannt, dass aufgrund des hohen Zulaufs an Flüchtlingen letzten Endes auch Gemeinschaftsunterkünfte benötigt werden und entsprechend gehandelt. Asylbewerber werden ebenso schon übergangsweise in Hotels oder Ferienwohnungen untergebracht. Und er, Pink, lobt die breite Unterstützung durch die örtlichen Vereine und Verbände und der ehrenamtlich tätigen Bürger. "Aber ich habe Sorge, dass auch bei uns diese Geduld und Solidarität an ihre Grenzen stößt, wenn plötzlich Zelte auf Freiflächen aufgestellt werden sollen."

"Die staatlichen Ebenen haben das Thema völlig unterschätzt."


In der Aufforderung des Landes sieht das Stadtoberhaupt zum einen einen zu großen Eingriff in das soziale Leben und zum anderen ein Indiz dafür, dass die staatlichen Ebenen dieses Thema seit Anfang des Jahres völlig unterschätzt hätten. Man werde in Wolfenbüttel die Willkommenskultur erhalten. Dazu sei es aber wichtig, die Bürger in die Planungen einzubinden, zu informieren und nicht zu überfordern.

Keine Zelte auf Freiflächen der Stadt


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Flüchtlinge beziehen Unterkünfte. Symbolfoto: RegionalHeute.de/ Anke Donner Foto: Anke Donner



„Eine Erstaufnahmeeinrichtung des Landes oder eine Außenstelle einer solchen kommen in Wolfenbüttel daher nicht in Betracht", macht Pink deutlich. „In wenigen Tagen werden wir nochmals allumfassend über die Unterbringung und Betreuung in den Medien und unserer Website informieren.​“


Trotz der angespannten Lage sieht Pink die Stadt in der Pflicht, sich um alle Flüchtlinge zu kümmern, die nach Wolfenbüttel kommen. Er sagt aber auch, dass die Stadt schon jetzt mehr Hilfe durch Bund und Land benötigte. "Es ist eine echte Krisensituation, die wir so noch nicht erlebt haben", sagt der Bürgermeister, der zu Beginn der 90er Jahre selbst bei der Stadt Wolfenbüttel für die Betreuung und Unterbringung von Flüchtlingen zuständig war. Eine Krisensituation, die außergewöhnliche Maßnahmen erfordere. Um all den Menschen – "und wir dürfen nie vergessen, es geht hier immer ganz konkret um Menschen und ihre Schicksale" – auch gerecht zu werden, müssen menschenwürdige Unterbringungsmöglichkeiten und eine angemessene Betreuung angeboten werden, um wirksame Hilfe zu leisten und Konflikte zu vermeiden.

Entspannung durch beschleunigte Verfahren


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Erst am Dienstag sind Flüchtlinge in Wolfenbüttel angekommen und im Kreisgebiet untergebracht worden. Auf dem Bild werden sie von Landrätin Christiana Steinbrügge begrüßt. Archivfoto: RegionalHeute.de/ Jan Borner Foto: Jan Borner



Um die Lage vor Ort zu entspannen, fordert Pink , dass die Erstaufnahmeeinrichtung Asylbewerber erst gar nicht auf die Kommunen verteilt, wenn die Menschen aus als sicher geltenden Staaten kommen und ihre Asylanträge somit ohnehin nahezu ausnahmslos abgelehnt werden dürften. Eine weitere Forderung: Das unterbesetzte Bundesamt für Migration und Flüchtlinge sollte mehr Personal erhalten und solch aussichtslose Verfahren mit Vorrang zügig entscheiden. Durch die anschließende Rückführung abgelehnter Asylbewerber könnten Flüchtlinge mit Bleibeperspektive den freiwerdenden Wohnraum nutzen, argumentiert Pink. Er kritisiert, dass sich Bund und Land seit etlichen Monaten in Konjunktiven ergehen – man könne, man solle, man müsse. „Packen Sie endlich das Thema umfassend an. Schluss mit den unerträglichen ideologischen und philosophischen Diskussionen. Die Zeit für konkrete Maßnahmen ist längst überfällig.“


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