Eckert & Ziegler: Veränderungssperre und neuer Bebauungsplan?

von Robert Braumann


Die Stadt ringt um eine Lösung rund um die Firma Eckert & Ziegler. Foto: Balder/Archiv
Die Stadt ringt um eine Lösung rund um die Firma Eckert & Ziegler. Foto: Balder/Archiv | Foto: regionalHeute.de

Braunschweig. Der vom Rat beschlossene Bebauungsplan "Gieselweg/ Harxbütteler Straße" TH 22, wurde vom niedersächsischen Oberverwaltungsgericht Lüneburg mit Urteil vom 15.12.2016 für unwirksam erklärt. Nun ringt die Stadt um eine Lösung. In einer Sondersitzung der Planungs- und Umweltausschusses am Montag wurden die neuen Pläne vorgestellt.


Hintergrund: Im Braunschweiger Stadtteil Thune stellt Eckert & Ziegler radioaktive Komponenten unter anderem für medizinische Zwecke her. Darüber hinaus lagert die Firma in Braunschweig auch schwach radioaktive Abfälle. Bürgerinitiativen werfen dem Unternehmen deshalb vor, eine „Atomdrehscheibe“ zu sein und das Geschäft ausbauen zu wollen. Eckert & Ziegler bestreitet das und sagt, man wolle sich erweitern, um auf dem Gelände unter anderem die Arbeitssicherheit zu erhöhen und angenehmere, dem heutigen Stand der Technik entsprechende Arbeitsplätze zu schaffen. Der Rat der Stadt Braunschweig hatte die Verwaltung im Jahr 2011 beauftragt, die Erweiterungsmöglichkeiten von Betrieben in Thune, die mit strahlenden Abfällen umgehen, einzuschränken. Der Rat sah die große Nähe dieser Betriebe zur Wohnbebauung als problematisch. Konkreter Anlass war der Bauantrag der Firma Eckert und Ziegler, eine Halle zur Konditionierung radioaktiver Abfälle zu errichten. Die Stadt brachte daraufhin ein Verfahren zur Änderung des Bebauungsplans auf den Weg und sicherte dies mit einer Veränderungssperre ab.

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Sitzung und Planung- und Umweltausschuss. Foto: Braumann


Begrenzungen gewünscht


Auf Grundlage dieser Veränderungssperre lehnte sie den Antrag auf den Hallenneubau ab. Der neue Bebauungsplan trat Ende 2015 in Kraft. Er sieht eine Begrenzung der Erweiterungsflächen der Unternehmen vor. Des Weiteren sind bauliche Erweiterungen nur dann erlaubt, wenn sie nicht zu einer Ausweitung der Produktion oder Kapazität führen. Für die Betriebe in der bestehenden Form gilt Bestandsschutz. Des Weiteren beinhaltet der Bebauungsplan insbesondere eine Herabstufung des Industriegebiets zu einem Gewerbegebiet sowie Regelungen über Schallemissionen und Gebäudehöhen. Eben diesen Bebauungsplan kippte das Gericht nun.

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Immer wieder kam es zum Protest gegen Eckert & Ziegler. Foto: Braumann



Das OVG machte deutlich, dass Verfahrensfehler nicht geltend gemacht worden sind und auch nicht erkennbar seien. Auch mögliche Zweifel an der Erforderlichkeit der Planung greifen nach Ansicht des OVG letztendlich nicht durch. Das OVG lässt die Frage offen, ob es überhaupt ein städtebaulich legitimes Ziel der Stadt Braunschweig sei, durch Bauleitplanung eine Strahlenexposition der Wohnbevölkerung unterhalb der Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung weiter zu reduzieren. Es machte in der Begründung deutlich, dass der Bereich des städtebaulich allenfalls regelungsfähigen Restrisikos ausgesprochen schmal sei, da das Vorsorgeprinzip bereits die Strahlenschutzverordnung nachhaltig präge und auch unterhalb der darin genannten Grenzwerte ein behördliches Handeln erlaube, so die Verwaltung in einer Reaktion auf das Urteil. Aus den vom Land erhobenen Messwerten ließe sich ein Gefährdungspotenzial zudem nicht feststellen. Kritik gab es zudem an den Gutachten der Stadt, diese waren aus Sicht der Richter nicht aussagekräftig genug, berichtete der Rechtsbeistand der Stadt, Dr. Gernot Schiller. Nach Meinung des Anwalts, könne daher ein Festhalten an dem Ausschluss von Strahlenschutzbetrieben nicht empfohlen werden. "Knallhart gesagt, die Richter sehen die Gefährdung durch Strahlung für die Bevölkerung nicht", so Dr. Schiller. Aus Sicht der Verwaltung sind damit die Möglichkeiten der kommunalen Planung in Bezug auf die Strahlenschutzbetriebe ausgeschöpft. Es wird empfohlen, der Stellungnahme des Rechtsanwaltes zu folgen und im neuen Bebauungsplan auf die Regelungen zum Strahlenschutz zu verzichten. Die auch auch vom Gericht genannten Möglichkeiten des behördlichen Handelns konzentrieren sich damit auf die Genehmigungsbehörde, um sowohl die Einhaltung der Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung als auch die Umsetzung des Vorsorgeprinzips sicherzustellen.

Neuabau der Halle wird wohl kommen


Mit dem Verzicht auf Regelungen zum Strahlenschutz sei davon auszugehen, dass die von Eckert & Ziegler Nuklitec beantragte Halle zur Messung, Konditionierung und Verpackung von schwach radioaktivem Material zu genehmigen sein wird, da andere entgegenstehende Bestimmungen nicht erkennbar sind, heißt es weiter von der Verwaltung.

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Die Bürgerinitiative BISS sorgt sich um den Wohnstandort Thune. Foto: Rühland



Zudem monierte das Gericht,dass einzelne Festsetzungen zu unbestimmt seien. Ungeachtet der Frage der Zulässigkeit von Regelungen zum Strahlenschutz läge eine fehlerhafte Abwägung vor. Bei den gerügten Belangen seien die zahlreichen Teilregelungen zu Lasten der ansässigen Unternehmen nicht ausreichend ins Verhältnis gesetzt zu den geringen Vorteilen, die die Stadt mit den Festsetzungen erreichen könne. Man habe aus Sicht der Richter das Unternehmen zu sehr beschränkt. Es ließ keine Revision zu, lediglich eine Nichtzulassungsbeschwerde sei noch möglich, so der Rechtsbeistand der Stadt. Dafür sehe er aber sehr geringe Chancen.

Neuer Bebauungsplan und Veränderungssperre


Die Verwaltung hält es für gerechtfertigt, einen neuen Bebauungsplan für das Plangebiet aufzustellen. Die vom OVG vertretenen Auffassungen sollen dabei Berücksichtigung finden. Allerdings sollen die Regelungen zum Strahlenschutz nicht weiter verfolgt werden. Die übrigen bisherigen Planungsziele gelten fort. Das neue Planverfahren soll zudem prüfen, inwieweit eine Anbindung des Standortes an das Gewerbegebiet Waller See möglich ist. Mit dem Urteil greifen nun wieder die ursprünglichen Bebauungspläne, die breite Entwicklungsmöglichkeiten für den Standort bieten, die die Verwaltung an dieser Stelle heute nach wie vor nicht mehr erkennt. Um durch die zwischenzeitliche Realisierung von Bauvorhaben die Umsetzungen des jetzt neu aufzustellenden Bebauungsplans TH 24 nicht zu gefährden, schlägt die Verwaltung vor, erneut eine Veränderungssperre zu erlassen. Für Vorhaben, die den Planungszielen nicht widersprechen, könne eine Ausnahme von der Veränderungssperre erteilt werden. Für die beantragte Halle sei eine Ausnahme zu erteilen.Die jetzt beabsichtigte Neuaufnahme des Bebauungsplanverfahrens mit dem Ziel, insbesondere die vom OVG gerügten Fehler zu beheben, könne durch eine neu erlassene Veränderungssperre abgesichert werden. Es sei allerdings nicht auszuschließen, dass das Unternehmen gegen diese Veränderungssperre gerichtlich vorgehen werde.

"Brutal holpriger Weg"


Astrid Buchholz, BIBS-Fraktion stellte fest: "Die Interessen der Betriebe sind vor die der Bevölkerung gestellt worden. Sie befand: "Es fehlt an ordentlichem Datenmaterial was die Gefährdung angeht, die Stadt hat die Problematik nicht ausreichend dargelegt, von Anfang an. Ich finde nicht, dass wir das Strahlenschutz-Thema komplett rausnehmen sollten. Es muss endlich mal einen Stresstest geben." Man sollte wenigstens verhindern, das neue Betriebe vor Ort ansiedeln, die Atommüll nach Thune bringen würden.

Thorsten Köster, CDU-Fraktion sagte: "Für uns ist echt wichtig, dass wir weiter nach vorne schauen, wir müssen selbstkritisch nun auch einmal eingestehen, das Thema Strahlenschutz an uns zu ziehen, so zu tun, als wenn wir das vor Ort entscheiden können, da haben wir eine klare Absage bekommen. Wir müssen schauen, dass wir auf das Umweltamt einwirken, damit dort die richtigen Schlüsse gezogen werden."



"Wir haben uns intensiv beraten, wir sind einen Weg gegangen der brutal holprig war, aber wir haben da die Chancen gesehen, doch dieser Weg hat nicht ans Ziel geführt, es ist vielleicht nicht super überraschend, dass dies geschehen ist. Weiter den Weg zu gehen und an der Strahlenschutz-Minimierung festzuhalten, können wir ihnen nicht empfehlen, da er aus unserer Sicht nicht zum Erfolg führen wird." Man müsse die Dinge wie einen Stresstest nun mit den zuständigen Behörden besprechen. Der Planungs- und Umweltausschuss entschied sich dazu die Vorschläge der Verwaltung passieren zu lassen. Erst am Freitag habe man die Unterlagen erhalten, dies sei zu kurz, um sich eine umfassendes Urteil zu bilden. Bis zur nächsten Ratssitzung am 21.Februar wollen die Fraktionen sich nun verständigen und dann entscheiden, wie es weitergehen soll.


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