Asse: Atommüll-Rückholung nicht möglich?

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| Foto: Marc Angerstein



Wolfenbüttel. Die Rückholung der in der Asse eingelagerten Atommüll-Fässer könnte scheitern. Der hierfür nötige Schacht 5 könne wohlmöglich nicht an der geplanten Stelle errichtet werden. Dies meldet die Tageszeitung "Die Welt" und bezieht sich hierbei auf der Redaktion vorliegende Untersuchungsergebnisse, von der mit der Probebohrung beauftragten Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).

Gegenüber der "Welt" soll das Bundesamt für Strahlenschutz den Sachverhalt jedoch zurückgewiesen haben. Vielmehr solle es sich bei den Ergebnissen der BGR um eine Tischvorlage handeln, die in ihren Schlussfolgerungen fachlich nicht fundiert sei.

WolfenbüttelHeute.de hat das Bundesamt für Strahlenschutz sowie die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe für eine Stellungnahme angefragt.

Aktualisiert, 8.25 Uhr



Auf Anfrage unserer Redaktion verweist Ina Stelljes, Pressesprecherin des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS), auf folgende Stellungnahme, die wir ungekürzt und unkommentiert veröffentlichen. Darin wird deutlich gemacht, dass es bislang keine Erkenntnisse gebe, "nach denen der Standort für einen Schacht grundsätzlich ungeeignet wäre."

Für die Rückholung der Abfälle aus der Asse ist der Bau eines neuen Schachtes geplant. Über den Schacht sollen große Mengen der Abfälle aus dem Bergwerk herausgeholt werden. Gleichzeitig ermöglicht ein zweiter Schacht, dass mehr Personen im Bergwerk arbeiten können als derzeit zulässig.

Aktuell laufen verschiedene Erkundungsbohrungen. Sie sollen klären, ob der nach einem Vergleich verschiedener Optionen zur Untersuchung ausgewählte Standort für den Bau eines neuen Schachtes geeignet ist. Bisher gibt es keine Erkenntnisse, nach denen der Standort für einen Schacht grundsätzlich ungeeignet wäre.

Für Untersuchungen ist u.a. die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) mit einer fachlichen Begleitung der Untersuchungen beauftragt worden. Im Rahmen regelmäßiger Fachgespräche haben Mitarbeiter der BGR mit Stand vom 25.3.2015 eine Tischvorlage präsentiert, die den Eindruck eines abschließenden Berichtes erweckt. Darin wird in einem Fazit die Eignung des Ansatzpunktes für den geplanten Bergungsschacht grundsätzlich in Frage gestellt. Unter den Wissenschaftlern, die am Fachgespräch zum Thema teilgenommen haben, bestand Einvernehmen, dass die Unterlage in ihren Schlussfolgerungen fachlich nicht fundiert ist und deshalb überarbeitet werden muss. Nunmehr ist die veraltete Tischvorlage an die Öffentlichkeit gelangt. Zur Vermeidung von Missverständnissen informiert das BfS nachfolgend über den aktuellen Sachstand der Arbeiten:

Das Papier der BGR liefert keine Erkenntnisse, die den Bau des Schachtes in Frage stellen. Damit beurteilt werden kann, ob der gewählte Standort für einen neuen Schacht geeignet ist, sind weitere umfangreiche Untersuchungen erforderlich – darauf weist auch die Tischvorlage der BGR hin. Die schlussendliche Bewertung kann auch nicht allein anhand der an die BGR in Auftrag gegebenen begleitenden Untersuchungen geklärt werden. Dafür ist eine Gesamtbetrachtung vorgesehen.

Fehlende Informationen und Rückschlüsse zum Vorgehen

Bei der Asse werden die aus den laufenden Arbeiten gewonnenen Erkenntnisse regelmäßig gesammelt und neu bewertet. Nach derzeitigem Stand ist die Rückholung der Abfälle aus der Asse die einzige Option, mit der die Langzeitsicherheit gewährleistet werden kann. Da die alte Schachtanlage nicht nach den Maßstäben des Atomrechts als Endlager genehmigt worden ist, fehlen in vielen Bereichen belastbare Informationen zur Planung und Durchführung einer sicheren Bergung der radioaktiven Abfälle. Diese Informationen müssen nacherhoben werden.

Bei nahezu allen Teilprojekten der Asse-Sanierung hat sich gezeigt, dass die Untersuchungsergebnisse von den Annahmen mehr oder weniger abweichen. Auch im vorliegenden Fall weichen einige Untersuchungsergebnisse von den zuvor vorhandenen Darstellungen ab. So ist etwa das Staßfurt-Salz nicht wie erwartet angetroffen worden.

Daraus abzuleiten, dass ein Bau eines Schachtes 5 nicht möglich sei, ist allerdings wissenschaftlich unzutreffend. Das bei den Untersuchungen stattdessen angetroffene Steinsalz der Leine- und der Allerfolge eignet sich grundsätzlich ebenfalls für den Schachtbau. In Gorleben sind die Schächte beispielsweise in der Leinefolge errichtet worden. Die überwiegende Zahl der Schächte in Deutschland wurde ohnehin nicht in Salzformationen errichtet.

Aktueller Stand der Erkundungsarbeiten für Schacht 5

Neben der übertägigen vertikalen Erkundungsbohrung auf bis ca. 900 Meter Tiefe, liegen aktuell die Messdaten von einer ersten untertägigen horizontalen Erkundungsbohrung vor. Die zweite Erkundungsbohrung befindet sich in Arbeit. Geplant sind noch zwei weitere.

Um abschließende Bewertungen zur Eignung des Schachtansatzpunktes abgeben zu können, sind eine Reihe von Fragen von besonderer Relevanz, etwa Fragen über das Vorhandensein einer ausreichend mächtigen Salzbarriere oder der Ausschluss von lösungs- und gasführenden Horizonten. Bisher gibt es keine Erkenntnisse, nach denen der Standort grundsätzlich in Frage zu stellen wäre.

Wie wurde der Schachtansatzpunkt ermittelt?

2011 hat das BfS ermitteln lassen, welche geografischen Orte in der unmittelbaren Umgebung der Schachtanlage Asse II für den Bau eines neuen Schachtes geeignet wären. Dafür wurden in einem öffentlichen und transparenten Verfahren mit der Asse- 2-Begleitgruppe Kriterien festgelegt. Bestimmend sind zum Beispiel Sicherheitsabstände zu bestehenden und instabilen Salzabbaukammern sowie zu wasserführenden Gesteinsschichten.

Nach diesen Kriterien hat das BfS zwei potentielle Flächen ermittelt: eine im Westen der Anlage und eine im Osten, also dort, wo derzeit die Erkundungsarbeiten durchgeführt werden. Da sich einer der Ansatzpunkte oberhalb von Kalisalz-Schichten befindet, wurden die Erkundungsarbeiten an der erfolgversprechendsten Stelle aufgenommen.

Der Bericht zur Ermittlung des Schachtansatzpunktes ist im Internet verfügbar.


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